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Warum dieser Internetauftritt?
Inhalt
Die Erkenntnisse aus der intensiven Beschäftigung mit der geschichtlichen Entwicklung des Christentums und seiner Glaubensinhalte förderten nachhaltig meine zunehmend kritischere Haltung – dem Christentum und seinen Kirchen gegenüber. Dieses veränderte Bewusstsein führte dann fast zwangsläufig zu der Entscheidung, meine Gedanken niederzuschreiben. Einige Zeit später entwickelte sich die Idee, das Niedergeschriebene auf einer Website zu veröffentlichen. Natürlich hatte und habe ich mit Zweifeln zu kämpfen, ob es denn Sinn mache, eigene Christentums- und Kirchen-kritische Gedanken zu veröffentlichen, nachdem es schon so viele, weitaus berufenere Menschen, vor mir getan haben. Es trotz der Zweifel dennoch zu wagen, darin hat mich der Philosoph Joachim Kahl (*1941) bestärkt. Er hat sich in der Einleitung zu seinem berühmten Buch Das Elend des Christentums oder Plädoyer für eine Humanität ohne Gott mit dieser Frage auseinandergesetzt und eine überzeugende Begründung formuliert, "gleichwohl aufs neue zu kritisieren":
Die Veröffentlichung der bisher gewonnenen Erkenntnisse ist mein bescheidener Versuch, interessierte Menschen dazu anzuregen und zu ermutigen, sich eigenständig mit der tradierten Form ihrer Religion und deren Geschichte auseinanderzusetzen. Dabei kann es bestenfalls darum gehen, ihnen anhand einiger einschlägiger Fakten und Informationen den Einstieg zu erleichtern. Darüber hinaus muss ihnen bewusst sein: Es handelt sich hier um eine Collage aus subjektiv ausgewählten Teilansichten des Christentums und seiner Kirchen. Daher sind neue Irrtümer bei der gleichermaßen subjektiven Bewertung alter Irrtümer nicht ausgeschlossen. Ich weiß, dass es vielen Menschen, aufgrund ihrer vielfältigen familiären und beruflichen Beanspruchungen, nur sehr schwer möglich ist umfangreiche eigene Recherchen anzustellen. Dennoch sollte jeder Interessierte so früh wie möglich damit beginnen, sich ein eigenes Bild von der Geschichte des Christentums und von dessen Glaubensinhalten zu machen. Ich persönlich habe dies – viel zu spät – erst kurz vor dem Rentenalter unternommen.
Mir wurde schon nach ersten Schritten klar, dass viele Menschen vor mir ähnliche Fragen gestellt haben und wohl zu ähnlichen Erkenntnissen gelangt sind. Ich maße mir nicht an zu behaupten, diese Menschen hätten gedacht wie ich. Aus guten Gründen verbietet sich ein Vergleich mit ihnen: Einerseits stehe ich noch am Anfang der Entwicklung einer eigenständigen Position, andererseits habe ich schon gar nicht wie sie, die sog. »Häretiker« oder »Ketzer« früherer Zeiten, mit existentieller Bedrohung zu rechnen. Ich habe gelernt, dass das Christentum von Anfang an und zu jeder Zeit von Menschen mit kritischem Bewusstsein und mit eigenständiger Haltung begleitet wurde. Diese Tatsache wird nach meiner Erfahrung im christlich-kirchlichen Alltag allerdings überhaupt nicht thematisiert, wohl eher tabuisiert: Wer sich im Besitz der "Wahrheit" weiß, stellt keine (kritischen) Fragen. In einer Veranstaltung, in der es um die Weichenstellung für notwendige künftige Entwicklungen der Kirche ging, drehte sich die Diskussion überwiegend um strukturelle Fragen. Beiträge zu inhaltlichen Apekten schienen mir eher von kosmetischer Natur. Ich äußerte, dass eine positive Zukunftsperspektive der Kirche, nach meiner Überzeugung, nicht nur strukturelle Anpassungen erforderte, sondern insbesondere davon abhinge, wie gut es uns gelingen werde, nach intensiver inhaltlicher Diskussion, unsere tradierten Glaubensvorstellungen zu reformieren. Unverständnis und Ablehnung bei den im großen Kreis sitzenden Anwesenden waren mit Händen zu greifen. Eine junge Frau kam in der nächsten Pause auf mich zu und fragte, ob ich meine Aussage denn "ketzerisch" gemeint habe. Als ich dies ausdrücklich bejahte, war ein abrupter Kommunikationsabbruch die Folge. Nach dieser und zahlreichen ähnlichen Erfahrungen verwarf ich die angedachte Reaktion, wegen der aussichtslos erscheinenden Situation, von meiner Kirche Abschied zu nehmen. In mir keimte der alternative Entschluss, das was mir am Christentum und an seinen Kirchen reformbedürftig erscheint, nicht weiter kommentarlos hinzunehmen.
In diesem Zusammenhang interessierte mich, wie das organisierte Christentum im Verlaufe seiner langen Geschichte mit seinen Kritikern (Häretikern/Ketzern) verfuhr. Dabei besteht ein deutlicher Unterschied zwischen seinem Verhalten in der frühesten Entwicklungsphase, bis etwa zum ersten Viertel des 4. Jahrhunderts unserer Zeitrechnung, und dem in der Zeit danach. Der entscheidende Grund für diese Verhaltensänderung war das Ereignis, das als »Konstantinische Wende« bezeichnet wird. In der frühen Phase hatte sich das organisierte Christentum mit seinen Kritikern durchaus auch argumentativ auseinandergesetzt. Als es dann jedoch, etwa zu Beginn des 5. Jahrhunderts, die nötigen Machtmittel besaß, verbrannte es nicht nur die Schriften seiner Kritiker. Die von den Kirchen – aller Konfessionen – zu verantwortenden unfassbaren Gräueltaten, zumindest in der Zeitspanne vom 4. bis zum 18. Jahrhundert, lösen Erschrecken, Fassungslosigkeit und Wut aus. Eine Wut vor allem darüber, dass die Kirchen dieses trübe Kapitel ihrer Vergangenheit bis heute schamlos verdrängen. Ausführlicher wird dieses Thema unter dem Menüpunkt Historisches behandelt.
Nicht nur die kirchlich-christlichen Verbrechen der Vergangenheit lösen Fassungslosigkeit aus. Auch in der Gegenwart gibt es Anlass dazu. Selbst wenn es sich dabei nicht um Verbrechen handelt, sind es zumindest Vergehen – Vergehen an der Wahrhaftigkeit. In einem Beitrag des EKD-Vorsitzenden Bischof Wolfgang Huber (*1942) in chrismon 11/2006 unter dem Titel Kritik an der Religion? heißt es:
Die Herren Bischöfe wären m. E. der Wahrheit näher gekommen, wenn sie glaubwürdiger erklärt hätten,
Hier wird einmal mehr deutlich, in welch schönfärberischer Weise Hierarchen der Kirchen über Gewaltanwendung ihrer Vorgänger sprechen. Sie verhöhnen mit dieser Bagatellisierungs-Strategie die ungezählten Opfer christlicher Selbstgerechtigkeit und Intoleranz in unerträglicher Weise. Sie entziehen sich ihrer spezifischen Verantwortung für eine schonungslose Aufarbeitung der Vergangenheit ihrer Kirchen. Die ungezählten Opfer kirchlichen Machtmissbrauchs warten noch immer darauf, dass ihnen die Nachfahren ihrer Peiniger öffentlich Respekt erweisen und sie glaubwürdig rehabilitieren. Um Missverständnissen vorzubeugen: es geht nicht um moralische Entrüstung über die entsetzlichen Taten früherer kirchlicher Machthaber. Es geht vielmehr um unsere Verpflichtung, die Erinnerung daran beständig wach zu halten unter dem Leitmotiv: NIE WIEDER! Und es geht auch darum, offen zu analysieren, was schief gegangen ist im Christentum, und worin die Ursachen dafür liegen.
Folgerichtig mündet die Analyse der Kirchengeschichte bei vielen Christentums- und Kirchenkritikern in die Aufforderung zu tätiger Reue und in eindringliche Mahnungen zur Wachsamkeit. Im Folgenden seien ein paar Beispiele zitiert. Der Theologe und Pädagoge Gustav Wyneken (1875-1964) schreibt:
Der Theologe Walter Nigg (1903-1988) fordert eindringlich:
Der Theologe Herbert Koch (*1942) bezieht sich auf den Wiener Philosophen Hubert Schleichert (*1935), "der zu Misstrauen mahnt, solange die Kirche sich von bestimmten Vorgängen in ihrer Vergangenheit nicht ausdrücklich distanziert hat." Er zitiert weitere Mahnungen Schleicherts:
Dass dieses "theoretische Arsenal der Intoleranz" auch heute noch ganz ungebrochen wirkt, zeigte sich erst vor kurzem in der 'Maßregelung' des Befreiungstheologen Jon Sobrino (*1938) aus El Salvador, der einmal sagte: "An Gott zu glauben bedeutet, sich mit den Unterdrückten zu solidarisieren". Seine römische Kirche wirft ihm u. a. allen Ernstes vor, "zu sehr die Solidarität mit den Armen und zu wenig die Erlösung durch Jesus Christus zu betonen. Außerdem unterstreiche er zu sehr den menschlichen Charakter Jesu und vernachlässige dessen göttlichen Charakter" (aus einer Verlautbarung der Führung der Jesuiten in der Tagespresse am 13.03.2007). In Publik-Forum 6·2007 wurde die Haltung des Vatikans so charakterisiert: "Über Gott nachdenken aus der Sicht der Armen ist unerwünscht." Auch wenn hier kein Scheiterhaufen im wörtlichen Sinne brannte, loderte einmal mehr die gefährliche Flamme christlicher Selbstgerechtigkeit und Intoleranz – die Folge dogmatischer Verblendung und rücksichtsloser Durchsetzung kirchlichen Machtanspruchs. In diesem Zusammenhang gibt es aber auch eine ermutigende Entwicklung: Breite weltweite Zustimmung und Solidarität für Jon Sobrino, von Theologen und von bekannten Organisationen von Nicht-Theologen im Bereich der römischen Konfession (s. Publik-Forum 8 · 2007).
Die meisten Menschen wissen wenig über die Inhalte ihrer Religion und so gut wie gar nichts über deren geschichtliche Entwicklung. Schädlich bis gefährlich ist dieser Zustand bei den Multiplikatoren in unserer Gesellschaft, bei Medienvertretern, Politikern etc.. Von diesen gesellschaftlichen Gruppen sind daher kritische Denkanstöße oder die Forderung fälliger Reformen nicht zu erwarten. Dass viele Medienvertreter, ausgezeichnet durch blankes Unwissen, über medienwirksam inszenierte öffentliche Auftritte des römischen Papstes breit und quotensteigernd berichten, führt bei Kirchenvertretern zu dem Eindruck, "Religion befinde sich wieder im Aufwind". Selbstkritisches Nachdenken unterbleibt, es erscheint den Kirchenoberen wohl als abwegig – die schönen bunten Bilder von diversen Massenveranstaltungen können doch nicht lügen! Dazu ein Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Der Weltjugendtag in Köln 2005 – ein Mega-Event des römischen Papstes. Joseph Aloisius Ratzinger (*1927) hatte jeder Teilnehmerin, jedem Teilnehmer – in gut-mittelalterlicher Tradition – einen Ablass versprochen! DIE ZEIT vom 22. März 2007 enthält in einem Beitrag von Thomas E. Schmidt unter der Überschrift Jesus und Amen – Die Deutschen ein Volk von Ungläubigen? für diesen Zusammenhang etwas Erhellendes:
Niemand versteht sich so gut auf mediengerechte Selbstinszenierungen zum eigenen Ruhme wie die Una Sancta – koste es was es wolle! Aber wie weit reichen die mit "göttlicher Vollmacht" und medialer Verstärkung vorgetragenen verqueren moralischen Ge- und Verbote des Mannes auf dem Papstthron? Einmal angenommen, dieser "Stellvertreter" weiß um die schweren Schäden an der Glaubwürdigkeit der von ihm vertretenen Religion, dann stellt sich die Frage: Glaubt er wirklich, diese Beschädigungen durch die Medien-unterstützte Verbreitung weihrauchgeschwängerter Nebelschwaden beseitigen zu können? Diese bewährte, der Verblödung römischer "Schäfchen" dienende, Methode erzielt allenfalls noch in den bildungsfernsten Regionen des päpstlichen Herrschaftsbereiches die erwünschte Wirkung. Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann (*1940), der der Una Sancta an seinem 65. Geburtstag Lebewohl sagte, hat m. E. Recht, wenn er feststellt: "Die Hauptmacht der Kirche war ihre Kontrolle über die Schuldgefühle, dies gelingt nicht mehr." (DIE ZEIT vom 12. April 2006, S. 20) Nach Einschätzung der EKD werden die evangelischen Kirchen bis 2030 etwa ein Drittel der Mitglieder verlieren: ca. 9 von derzeit 26 Millionen. Auch wenn diese Verluste im wesentlichen von der demografischen Entwicklung unserer Gesellschaft herrühren und nicht von den Kirchenaustritten, wäre eine kritische Überprüfung der fundamentalen Glaubensaussagen dennoch eine nahe liegende Maßnahme. Stattdessen überbieten sich die Theologen und Funktionäre der evangelischen Kirchen darin, immer neue Um- und Restrukturierungsprojekte zu ersinnen: z. B. "Perspektive 2025", "Kirche der Freiheit – Perspektiven der evangelischen Kirche im 21. Jahrhundert". Diese erscheinen mir zunehmend als hilflose Versuche, sich durch kollektive Beschäftigungstherapie um die eigentlich wichtigen Aufgaben herumzudrücken. Diese offenbar systemimmanente Vermeidungsstrategie wird die Krise des Christentums bei uns zweifellos weiter verschärfen.
Nach dem bisher Gesagten erscheint es mir als ganz und gar unumgänglich, dass sich die Kirchen öffentlich und unmissverständlich von ihren ungeheuerlichen Verirrungen in der Vergangenheit distanzieren. Sie könnten dabei durch folgende Maßnahmen ihre ehrliche Haltung glaubwürdig bezeugen:
Dies sind meine konkreten Forderungen an die Kirchen bzw. ihre führenden Repräsentanten. (s. auch Absolutheitsanspruch) |
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